Die Errichtung eines Schnurgerüstes bzw. eines Schnurbocks gehört neben dem Aushub des Bodens zu den ersten Arbeiten auf einer Baustelle. Wofür es notwendig ist, wie es errichtet wird und welche baulichen Regelungen hier Beachtung finden müssen, diese und einige weitere Fragen beantwortet dir der nachfolgende Beitrag.
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Was versteht man unter einem Schnurgerüst?
Bevor der Bodenaushub erfolgen kann, muss ein amtlicher Vermesser das Grundstück noch einmal vermessen und farblich markierte Hölzer in den Boden einschlagen. Diese farblich gekennzeichneten Hölzer dienen dem Baggerführer als Hinweis, bis zu welcher Stelle der Boden auszuheben ist. Ist der Aushub erfolgt, wird das Schnurgerüst aufgestellt. In der Regel nimmt dies der Polier der Rohbaufirma vor, dies kann aber auch als Eigenleistung durch den Bauherrn erfolgen. Mit dem Schnurgerüst werden die Außenkanten des zu errichtenden Gebäudes abgesteckt.
Der Aufbau eines Schnurgerüstes zählt zu den Nebenleistungen der Baustelleneinrichtung, trotzdem sollte diese Tätigkeit separat im Leistungsverzeichnis aufgeführt werden. Es ist auch zu klären, ob die Vermessung durch ein Vermessungsbüro erfolgen soll und wer die Kosten für die notwendige behördliche Abnahme übernimmt. Entsprechende Regelungen hält die DIN 276 bereit.
Wie hoch die Kosten für die Errichtung des Schnurgerüstes ausfallen, hängt unter anderem von der Anzahl der Gebäudeecken und der somit erforderlichen Menge an Schnurböcken ab.
Errichtung des Schnurgerüstes
Die Schnurböcke werden meist etwa 1 bis 2 Meter außerhalb der zukünftigen Gebäudekanten direkt oberhalb der Baugrube errichtet. Dadurch behindern sie die Bauarbeiten nicht. Sie stehen so auch nicht im Böschungswinkel. Ein Schnurbock besteht aus drei ungefähr 1,5 m langen, angespitzten Kanthölzern, die über Eck in die Erde gerammt und danach mit waagerechten Brettern verbunden werden. Dadurch entstehen sogenannte Dreiecksböcke. Im nächsten Schritt wird jeweils eine Bohle direkt diagonal über Eck angebracht, die für zusätzliche Stabilität sorgt.
Die Pfosten sollten einen Mindestquerschnitt von 80 x 80 mm oder bei einem halbierten Rundholz von 100 mm im Querschnitt aufweisen. Alte Dachlatten und dünne Querlatten sind für die Errichtung von Schnurböcken nicht geeignet. Die Querlatten sollten eine Materialstärke von mindestens 28 x 140 mm besitzen. Die Pfosten selbst müssen ausreichend tief eingeschlagen werden. Als Alternative stehen auch stabile Metallkonstruktionen zur Auswahl, deren Vorteil eine mögliche Mehrfachverwendung ist.
Die spätere Höhenlage des Baus wird mittels NN-Höhen (NN steht für „Normal Null“) und mit Rotationslasern eingemessen. Aufgrund dieser Daten wird dann bestimmt, welche Höhenlage das Schnurgerüst abbilden soll. Sinnvoll ist es, wenn die Oberkante der Schnurgerüstlatten gleichzeitig die Oberkante des Fertiggussbodens (OK FFB) des Erdgeschosses darstellt.
Unter Zuhilfenahme eines Rotationslasers, eines Nivelliergerätes oder einer Schlauchwaage wird dann an allen Dreiecksböcken die gleiche Höhe anvisiert. Hierbei kann es sich beispielsweise um die spätere Bodenplatte, den Meterriss (dieser liegt 1 Meter über der Deckenoberkante des Erdgeschosses), aber auch um eine andere Höhenkoordinate handeln. Zur Ausrichtung der waagerechten Bretter wird eine Setzlatte verwendet.
Einmessen der Schnüre
Zuerst muss meist eine Freilegung der Grenzsteine vorgenommen werden. Danach wird die Gebäudeposition aus dem Lageplan abgelesen und übertragen. Das Rohbauunternehmen haftet im Übrigen für die korrekte Übertragung der Position. Aus diesem Grund sollten die Eckpunkte immer von einem Vermessungsbüro eingemessen werden.
Danach sind die Außenwände abzustecken. Dazu werden die Nägel auf den Bohlen eingeschlagen, und zwar so, dass sich an ihnen Schnüre befestigen lassen. Letztere müssen parallel zu den Außenwänden verlaufen. Danach erfolgt das Auswinkeln. Hier werden alle Nägel seitwärts verschoben. Dadurch ist gewährleistet, dass die Richtschnüre auch wirklich zu den Außenwänden hin parallel verlaufen.
Der Rohbauunternehmer bringt zugleich noch weitere, parallel verlaufende Schnüre an, bei denen die Rücksprünge der Betonplatte Berücksichtigung finden. Dazu sind entsprechende Anmerkungen auf der Querlatte anzubringen. Somit werden mögliche Verwechslungen mit den Außenkanten des Hauses verhindert.
Mit Leuchtfarbe sollte die letzte genaue Position der Nägel markiert werden, um Verwechslungen zu verhindern, wenn der Nagel einmal ausgetauscht werden muss.
Im Regelfall wird dieses Verfahren sowohl bei einem Aushub des Kellers als auch bei der Anlage einer einfachen Bodenplatte genutzt. In einem solchen Fall werden dann noch die Kreuzungspunkte unter Zuhilfenahme eines Lots auf Kellergründung und Kellersohle übertragen. Unter Umständen ist hier auch der Aufbau eines zweiten Schnürgerüstes notwendig.
Abnahme durch die Behörden
Es ist möglich, in der Baugenehmigung eine behördliche Schnurgerüstabnahme festzuschreiben. Ein Mitarbeiter des Bauamtes überprüft dann, ob die mit dem Schnurgerüst festgesetzte Lage mit den Daten in der Baugenehmigung übereinstimmt und ob auch weitere Vorschriften Berücksichtigung fanden. Für die korrekte Übernahme der Daten ist das Bauunternehmen zuständig.
In einigen Bundesländern wird auch die Erstellung einer „Bescheinigung über die Einhaltung der festgelegten Grundfläche und Höhenlage“ verlangt. Dies regelt in Bayern beispielsweise Artikel 68 Absatz 1 Satz 2 der BayBO in Verbindung mit § 21 Satz 1 PrüfVBau und Artikel 62 Absatz 4 BayBO.
Entfernung des Schnürgerüstes / Rechtliches
Auch wenn keine behördliche Abnahme des Schnurgerüstes erfolgt, hat Letzteres eine erhebliche rechtliche Bedeutung. Es sorgt dafür, dass die geplanten Ausmaße des Hauses visualisiert werden, was vor allem auch für die Nachbarschaft von Interesse ist (Größe des Gebäudes, Einhaltung von Grenzabständen etc.). In der Schweiz ist es sogar vorgeschrieben, auch die geplante Höhe des Gebäudes darzustellen.
Das Schnurgerüst darf erst dann entfernt werden, wenn die Bodenplatte gegossen wurde, da diese dann wiederum die baurechtlich relevanten Aspekte darstellt. Da sich das Schnurgerüst im Besitz des Bauherrn befindet, darf es erst nach Rücksprache mit ihm entfernt oder verändert werden. Es kann im Übrigen auch straf- und zivilrechtliche Folgen haben, wenn ein Schnurgerüst unerlaubt entfernt wird, kann es doch unter Umständen als Beweismittel dienen.
Handelt es sich um ein rechtwinkliges Gebäude, so müssen die Diagonalen der Schnüre gleich lang sein. Für die Berechnung der Diagonale eines 90-Grad-Winkels greift man auf den Satz des Pythagoras (a²+b²=c²) zurück und zieht aus c² die Wurzel.
Beispiel: Hat das Gebäude Außenlängen von 5 x 8 Metern, so muss die Diagonale 9,433 Meter lang sein.
Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, solltest du mit der Errichtung des Schnurgerüsts entweder ein Vermessungsbüro oder aber das Bauunternehmen selbst beauftragen. Auch im schriftlichen Leistungsverzeichnis sollte die Errichtung des Schnurgerüsts stehen.